Vor einer Operation müssen Patienten umfassend über den geplanten Eingriff aufgeklärt werden. Oftmals fühlen sich die Betroffenen aufgrund der Komplexität der Inhalte aber eher überfordert als gut informiert. Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin konnten jetzt am Beispiel der Herzkatheteruntersuchung zeigen, dass ein Comic hier helfen kann: Es erhöht das Verständnis und reduziert das Angstgefühl der Patienten. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine veröffentlicht.
Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine veröffentlicht. Die ärztliche Aufklärung soll Patientinnen und Patienten bei der selbstbestimmten Entscheidung für oder gegen eine Behandlung unterstützen. Dabei wird ihnen erklärt, wie der Eingriff genau abläuft. Zudem wird über den medizinischen Nutzen und potenzielle Risiken gesprochen. Bei Menschen mit koronarer Herzkrankheit hat sich aber beispielsweise gezeigt, dass sie das Grundprinzip einer anstehenden Herzkatheteruntersuchung trotz Aufklärung oft nicht vollständig erfassen können und somit den Nutzen dieser Maßnahme falsch einschätzen.
„Nach dem Grundsatz ‚Ein Bild sagt mehr als tausend Worte‘ wollten wir diesen Patientinnen und Patienten mithilfe einer bildlichen Darstellung das Begreifen der Aufklärungsinhalte erleichtern“, erklärt Prof. Dr. Verena Stangl von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie und Angiologie am Campus Charité Mitte. Zusammen mit Kollegin Dr. Anna Brand hat sie die Studie geleitet.
Aufklärungscomic zur Herzkatheteruntersuchung
Die beiden Kardiologinnen entwickelten ein 15-seitiges Comic, das den häufigsten Eingriff in der Kardiologie veranschaulicht: die Herzkatheteruntersuchung und eine sich gegebenenfalls anschließende Implantation einer Gefäßstütze, eines sogenannten Stents. „Wie wir in unserer Pilotstudie jetzt zeigen konnten, eignet sich dieses Comic tatsächlich dazu, die Betroffenen besser auf den Eingriff vorzubereiten“, freut sich Prof. Stangl.
Das Team um die beiden Wissenschaftlerinnen hatte 121 Patientinnen und Patienten vor der Herzkatheteruntersuchung entweder wie bisher üblich in einem ärztlichen Gespräch anhand des offiziellen Aufklärungsbogens informiert oder ihnen anschließend zusätzlich das Comic zur Verfügung gestellt. Über verschiedene Fragebögen vor und nach dem Gespräch werteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus, wie gut die Betroffenen den Eingriff verstanden hatten, wie stark ihr Angstgefühl ausgeprägt war und ob sie mit der Aufklärung zufrieden waren.
Comic als ergänzendes Aufklärungsmaterial
Dabei erwies sich das Comic in allen Bereichen als hilfreich: Patientinnen und Patienten, die zusätzlich die bebilderte Broschüre bekommen hatten, konnten im Schnitt knapp 12 von 13 Fragen zur Vorgehensweise, den Risiken und wichtigen Verhaltensregeln nach dem Eingriff korrekt beantworten. Nach der klassischen Aufklärung lag der Wert nur bei etwa 9 von 13 Fragen. Zudem gaben die Befragten nach der Comic-Lektüre an, weniger besorgt zu sein als vor dem Aufklärungsgespräch. Insgesamt zeigten sich rund 72 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Comic-Aufklärung zufrieden und fühlten sich gut auf die Herzkatheteruntersuchung vorbereitet – nach der Standardaufklärung waren es nur 41 Prozent.
„Ein Comic ermöglicht, komplexe Inhalte sowohl textlich als auch visuell zu erfassen und dies verbessert erwiesenermaßen das Verstehen bei den verschiedenen Lerntypen“, sagt Dr. Brand. „Außerdem lässt ein Comic – im Gegensatz zu einem Video – der Leserin oder dem Leser so viel Zeit zum Erfassen der Inhalte wie individuell nötig“, fügt sie hinzu. „Unsere Studie konnte jetzt erstmals nachweisen, dass medizinische Comics als ergänzendes Aufklärungsmaterial sehr wirkungsvoll sind. In Zukunft wollen wir untersuchen, ob sich diese positiven Effekte auch auf andere medizinische Eingriffe übertragen lassen.“
Brand A et al., Medical Graphic Narratives to Improve Patient Comprehension and Periprocedural Anxiety Before Coronary Angiography and Percutaneous Coronary Intervention: A Randomized Trial. Ann Intern Med. 2019 Apr 9. doi: 10.7326/M18-2976
Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin, 09.04.2019
Artikel teilen