Mehr Lebensqualität für Menschen mit Demenz

Modellprojekt
Kli
Demenz
Hausbesuch: Im Rahmen der DelpHi-MV-Studie besuchten Studienschwestern die Patienten und ihre Angehörigen zu Hause, um sie im Umgang mit der Demenz zu unterstützen. In persönlichen Interviews erfassten sie die gesundheitliche Versorgung, die Lebenssituation und Bedürfnisse der Patienten. Dazu waren sie mit speziellen Tablet-Computern ausgestattet. DZNE/www.schmelz-fotodesign.de
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Ein neuartiges Modell der häuslichen Versorgung bewährt sich im Praxistest - Bundesfamilienministerin Schwesig und das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen stellten jetzt die Studienergebnisse vor.

Ein spezielles Versorgungsmanagement verbessert die Lebens- und Versorgungssituation von Menschen mit Demenz, die zu Hause leben. Im Vergleich zu Patienten, die auf herkömmliche Weise versorgt werden, sind sie medikamentös besser eingestellt. Außerdem sind sie weniger von Depression oder anderen neuropsychiatrischen Symptomen betroffen. Gleichzeitig werden die pflegenden Angehörigen entlastet.

Darüber hinaus ist durch das Versorgungsmanagement die Lebensqualität höher bei jenen Patienten, die mit Angehörigen zusammen leben. Das sind die Ergebnisse einer Studie des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), in deren Rahmen seit 2012 die Situation von mehr als 600 Menschen mit Demenz in Mecklenburg-Vorpommern untersucht wurde. Ein Teil davon wurde bis zu einem Jahr durch ein individuelles Versorgungsmanagement unterstützt. Die Untersuchung fand in enger Zusammenarbeit mit mehr als 130 Hausarztpraxen statt.

Im Mittelpunkt stand die Erprobung eines bundesweit einmaligen Versorgungskonzepts   des „Dementia Care Managements“: Dabei untersuchten zunächst Hausärzte aus Mecklenburg-Vorpommern die Gedächtnisleistung bei Patienten ab dem Alter von 70 Jahren. Lag bei dieser Untersuchung der Hinweis auf eine Demenzerkrankung vor, konnten die Patienten an der Studie teilnehmen. Speziell geschulte Studienschwestern besuchten Teilnehmer zu Hause und erfassten systematisch deren Situation und Bedürfnisse. Auf dieser Grundlage wurde ein Plan zur Verbesserung der Versorgung erstellt und in enger Abstimmung mit dem behandelnden Hausarzt umgesetzt.

Die Studienschwestern standen den Studienteilnehmern und Angehörigen bis zu einem Jahr beratend zur Seite. Eine Vergleichsgruppe erhielt diese Hilfe nicht. Nach einem Jahr erfolgte bei allen Studienteilnehmern eine Nachuntersuchung mit erneuter Erfassung der Lebens- und Versorgungsituation. Die Ergebnisse der „DelpHi-MV“-Studie sind richtungsweisend: Sie zeigen neue Ansätze, wie Menschen mit Demenz und deren Angehörige unterstützt werden können.

Übersicht der Ergebnisse

  • Versorgung mit Antidementiva: Zu Beginn der Studie hatten 27 Prozent aller Teilnehmer eine Verschreibung für Medikamente gegen kognitive Störungen - sogenannte Antidementiva. Bei der Folgeuntersuchung nach einem Jahr erhielten 40 Prozent der Studienteilnehmer, die im Rahmen des Dementia Care Managements betreut wurden, solche Arzneimittel. Bei den Teilnehmern, die auf herkömmliche Weise versorgt wurden, waren es nach einem Jahr immer noch 27 Prozent. Die Medikation mit Antidementiva verlangsamt bei vielen Betroffenen das Voranschreiten der Gedächtniseinschränkungen und kann den gesamten Krankheitsverlauf verbessern. Das Dementia Care Management trug somit zur besseren medikamentösen Einstellung der Patienten und zur Umsetzung der medizinischen Leitlinien bei.
  • Neuropsychiatrische Symptome: Bei Studienbeginn zeigten 53 Prozent aller Teilnehmer klinisch relevante neuropsychiatrische Symptome wie Depression, Schlaflosigkeit oder Angststörungen. Der Schweregrad war durchschnittlich leicht bis mittel. Bei der Folgeuntersuchung war der Schweregrad der Symptome bei den im Rahmen des Dementia Care Managements betreuten Studienteilnehmern nicht angestiegen – im Gegensatz zur Kontrollgruppe.
  • Lebensqualität: Die allgemeine Lebensqualität der an der Studie beteiligten Menschen mit Demenz wurde mit Hilfe der Befragung durch die Studienschwester von den Betroffenen selber eingeschätzt. Hierzu wurde eine weit verbreitete Bewertungsskala verwendet. In diese Einschätzung flossen unter anderem Angaben zur eigenen Gesundheit, zur familiären Situation, zum Wohlbefinden, zu sozialen Beziehungen, zur finanziellen Situation und zum Leben im Allgemeinen ein. In der Studie wurden insbesondere Veränderungen der Lebensqualität untersucht – und zwar abhängig davon, ob die Studienteilnehmer allein lebten oder gemeinsam mit Angehörigen. Dabei stellte sich heraus: Menschen mit Demenz, die mit einem Angehörigen lebten, hatten nach einem Jahr Dementia Care Management im Mittel eine höhere Lebensqualität als Studienteilnehmer ohne Dementia Care Management.
  • Angehörigenbelastung: Die Angehörigenbelastung wurde im persönlichen Interview durch die Studienschwester mit Hilfe einer etablierten Bewertungsskala (Berliner Inventar zur Angehörigenbelastung) erfasst. In diese flossen unter anderem Angaben zur Belastung durch praktische Betreuungsaufgaben (zum Beispiel Körperpflege, Behördengänge), den Verhaltensänderungen der Probanden (zum Beispiel Aggressivität, Depressivität, Desorientiertheit, Beziehungsverlust), subjektive Belastungen sowie eigene Bedürfnis- und Rollenkonflikte ein. Es zeigte sich zu Studienbeginn eine mittlere Belastungsstärke. Nach einem Jahr allerdings war die Belastung der Angehörigen von Studienteilnehmern, die ein Dementia Care Management erhielten, signifikant geringer als bei den Angehörigen von Probanden, die dies nicht erhielten.
Die DelpHi-MV-Studie ist ein Beitrag des DZNE zur nationalen „Allianz für Menschen mit Demenz“, die von der Bundesfamilienministerin und dem Bundesgesundheitsminister ins Leben gerufen wurde. Das DZNE wird von den Sitzländern der neun Standorte und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, das ebenfalls in der Allianz mitwirkt, gefördert. Es kooperiert dabei eng mit Universitäten, deren Kliniken und anderen Forschungseinrichtungen. Im Rahmen der DelpHi-MV-Studie arbeitet das DZNE mit den Universitäten und der Universitätsmedizin in Rostock und Greifswald zusammen.
Die Studienergebnisse wurden kürzlich auf einer internationalen Fachtagung (26. Alzheimer Europe Conference in Kopenhagen) vorgestellt.

Quelle: DZNE, 17.11.2016




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