Marie Curie – Entdeckerin des Radiums

Historisches
Claudia Rössing
Solvay-Konferenz für Physik
Paul Langevin (ganz rechts neben Albert Einstein stehend) und Marie Curie (am Tisch sitzend) während der ersten Solvay-Konferenz für Physik im Jahr 1911 Benjamin Couprie, Gemeinfrei, wikimedia
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Marie Skłodowska Curie wurde am 7. November 1867 in Warschau als jüngstes von fünf Kindern des Lehrerehepaares Bronisława und Władysław Skłodowski geboren.

* 7. November 1867; † 4. Juli 1934: Marie Skłodowska Curie wurde am 7. November 1867 in Warschau als jüngstes von fünf Kindern des Lehrerehepaares Bronisława und Władysław Skłodowski geboren. Ihre Eltern gehörten beide dem niederen polnischen Landadel, der Szlachta, an und zählten zur polnischen Intelligenzija.

Marie wuchs in der Provinz Weichselland (damaliges Russisches Kaiserreich) auf. Sie wurde mit sechs Jahren eingeschult und besuchte zunächst die von ihrer Mutter geleitete Mädchenschule in der Fretastraße (Warschau). Zwei Jahre später erfolgte ein Wechsel auf die Privatschule von Jadwiga Sikorska. Kurz nach dem Tod von Maries Mutter 1878 wechselte sie an das öffentliche Gymnasium Nr. 3. 1883 bestand Marie im Alter von 15 Jahren das Abitur als Klassenbeste. Zu dieser Zeit war es Frauen in ihrer Heimat nicht möglich zu studieren, daher begann Marie 1884 Privatunterricht zu erteilen und nahm selbst gemeinsam mit ihrer Schwester Bronia an Kursen der heimlich organisierten „Fliegenden Universität“ (Uniwersytet Latający) teil. Dies ermöglichte ihr eine akademische Bildung. 1885 arbeitete Marie für eine kurze Zeit als Hauslehrerin bei einer Anwaltsfamilie und übernahm Ende desselben Jahres für dreieinhalb Jahre eine Stelle als Hauslehrerin der Familie Żorawski. Ihre Aufgabe bestand im Unterrichten der beiden ältesten Töchter der Familie. Gleichzeitig gab Marie mit dem Einverständnis des Hausherren und der Unterstützung dessen ältester Tochter täglich einem Dutzend Bauernkindern Unterricht im Lesen und Schreiben.

Eigene chemische und physikalische Experimente

1889 trat Marie eine weitere Hauslehrerinnenstelle in einem Badeort an der Ostseeküste an. 1890 kehrte Marie in die Wohnung ihres Vaters in Warschau zurück. Hier bekam sie ihre erste Gelegenheit, eigene chemische und physikalische Experimente durchzuführen, die ihre „Neigung zur experimentellen Forschung auf dem Gebiet der Physik und Chemie“ festigten und ihren Wunsch bestärkten, ein naturwissenschaftliches Studium in Paris aufzunehmen.1891 zog Marie nach Paris und schrieb sich am 3. November 1891 für ein Studium der Physik an der Sorbonne ein. 1893 schloss Marie die Prüfungen für das Lizenziat der Physik (licence des sciences physiques) als Beste ab. Die Gewährung des Alexandrowitsch-Stipendiums (in Höhe von 600 Rubel) ermöglichte ihr eine Fortsetzung des Studiums in Paris. 1894 schloss Marie das Lizenziat in Mathematik (licence des sciences mathématiques) als Zweitbeste ab. 1894 beauftragte die Gesellschaft zur Förderung der Nationalindustrie (Société d‘Encouragement pour l‘Industrie Nationale) Marie eine Studie über die magnetischen Eigenschaften verschiedener Stahlsorten durchzuführen. Marie arbeitete im Labor ihres Lehrer Gabriel Lippmann unter sehr beengten Verhältnissen und war auf der Suche nach einem geeigneteren Platz für ihre Experimente. Davon berichtete sie dem Physiker Józef Kowalski (Professor an der Universität Freiburg), welcher Marie mit Pierre Curie bekannt machte. Dieser unterrichtete an der École municipale de physique et de chimie industrielles (ESPCI) und leitete das dortige Laboratorium. Aus der beruflichen Zusammenarbeit mit Pierre Curie entwickelte sich eine gegenseitige Zuneigung. Am 26. Juli 1895 heirateten Marie Skłodowska und Pierre Curie im Rathaus von Sceaux. In ihrem ersten Ehejahr bereitete sich Marie auf die „Agrégation“ vor, welche sie berechtigte, an einer höheren Mädchenschule zu unterrichten. 1896 bestand Marie die Prüfungen als Beste ihres Kurses. Nebenher setzte sie ihre physikalischen Studien fort und dokumentierte ihre Untersuchungen über die Magnetisierung von gehärtetem Stahl (erste wissenschaftliche Veröffentlichung Maries). Am 12. September 1897 brachte Marie ihre erste Tochter Irène zur Welt. 1895 erregte die Entdeckung der Röntgenstrahlung weltweit Aufsehen, nahezu unbeobachtet blieb 1896 Antoine Henri Becquerels Entdeckung der Fähigkeit der Urankaliumsulfate zur Schwärzung einer fotografischen Platte. Auf der Suche nach einem Thema für ihre Doktorarbeit beschloss Marie sich den „Becquerel-Strahlen“ zuzuwenden. 1897 begann Marie ihre Experimente. Ein gemeinsam mit ihrem Mann entwickeltes Verfahren ermöglichte Marie, die von den Strahlen verursachte Änderung der elektrischen Leitfähigkeit der Luft sehr genau zu messen. Bei der Untersuchung zahlreicher uranhaltiger Metalle, Salze, Oxide und Mineralien stellte Marie fest, dass Pechblende viermal aktiver und natürliches Chalcolit doppelt so aktiv wie Uran sind. Die gemessene Aktivität der uranhaltigen Stoffe erwies sich als unabhängig von ihrem Aggregatzustand und war proportional zu ihrem Urananteil. Kontrollmessungen an künstlich hergestelltem Chalcolit bestätigten diese Erkenntnis. Marie schlussfolgerte, dass die „Becquerel-Strahlung“ eine Eigenschaft der Atome und keine chemische Eigenschaft ist. Am 12. April 1898 trug Gabriel Lippmann stellvertretend Maries Forschungsergebnisse der Académie des sciences in Paris vor, da sie kein Mitglied der Akademie war. Marie und Pierre Curie gelang die Erzeugung von Zwischenprodukten, welche eine größere Aktivität als Pechblende aufwiesen. Sie schlossen daraus, dass es sich nicht um ein neues Element, sondern um zwei verschiedene handelte. Der spektroskopische Nachweis des ersten neuen Elementes „Polonium“ (Namensgebung erfolgte zu Ehren ihrer polnischen Heimat) misslang jedoch. Dennoch ließen die Curies fünf Tage später Henri Becquerel ihre Ergebnisse vor der Académie des Sciences präsentieren, wobei in der Überschrift dieses Berichtes zum ersten Mal das Wort „radioaktiv“ verwendet wurde. Im Juli 1898 erfolgte die Zuerkennung des „Prix Gegner“ der Académie des sciences für Curies Arbeiten über die magnetischen Eigenschaften von Stahl und die Radioaktivität. Im Herbst 1898 litt Marie Curie erstmals an Entzündungen der Fingerspitzen (erste bekannte Symptome ihrer Strahlenkrankheit).1898 gelang es den Curies mit Hilfe von Gustave Bémont eine Probe herzustellen, die 900-mal stärker als Uran strahlte. Am 20. Dezember 1898 erhielt das neue Element den Namen „Radium“. Eine von Eugène-Anatole Demarçay vorgenommene spektroskopische Untersuchung der Probe ergab eine Spektrallinie, welche sich keinem bisher bekannten Element zuordnen ließ.

Als erste Frau an die École Normale Supérieure in Sèvres berufen

Am 26. Dezember 1898 berichtete erneut Becquerel vor der Akademie von den Forschungsergebnissen der Curies. 1899 beschäftigte sich Pierre Curie gemeinsam mit Georges Sagnac und André-Louis Debierne mit den physikalischen Wirkungen der Radioaktivität. Marie Curie konzentrierte sich vollständig auf die chemische Isolierung des Radiums. 1900 wurde Marie als erste Frau an die École Normale Supérieure in Sèvres berufen (Frankreichs renommierteste Ausbildungsstätte für zukünftige Lehrerinnen), um dort Physik zu lehren. Anlässlich der Pariser Weltausstellung stellten die Curies auf einem Physikerkongress ihre Forschungsergebnisse über Radioaktivität zahlreichen ausländischen Physikern vor und verfassten aus diesem Anlass ihre bis dahin umfangreichste Abhandlung mit dem Titel „Die neuen radioaktiven Substanzen und die von ihnen emittierten Strahlen“. 1900 und 1902 erhielt Marie zwei weitere Male den „Prix Gegner“ der Académie des sciences. 1902 gelang Marie die sehr genaue Bestimmung der Atommasse des Radiums durch die Gewinnung eines Dezigramm Radiumchlorid. 1903 erhielt sie den „Prix La Caze“. Im selben Jahr traten bei den Curies erste gesundheitliche Probleme auf, die sie jedoch auf Überarbeitung zurückführten. Im August 1903 erlitt Marie eine Fehlgeburt. Am 5. November 1903 erfolgte die Verleihung der Davy-Medaille durch die Royal Society an die Curies. Zur Verleihung nach London reiste Pierre Curie aufgrund des Gesundheitszustandes von Marie alleine.

Erster Nobelpreis für Physik 1903

Ebenfalls 1903 erhielt Marie Curie als erste Frau den Nobelpreis für Physik (anteiliger Nobelpreis). Am 1. Oktober 1904 trat Pierre Curie seine Professur auf dem eigens für ihn geschaffenen Lehrstuhl für allgemeine Physik an der Sorbonne an. Marie wurde die Leitung der wissenschaftlichen Arbeiten (chef des travaux) des Laboratoriums übertragen. Anfang Dezember 1904 wurde Curies zweite Tochter Ève geboren.

Nach dem Unfalltod ihres Mannes Pierre Curie wurden ihr 1906 zunächst seine Lehrverpflichtungen übertragen. Unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit hielt Marie als erste Frau am 5. November 1906 an der Sorbonne ihre erste Vorlesung. Am 16. November 1908 wurde Marie als erster Frau die ordentliche Professur für Physik übertragen. 1910 verständigten sich Marie Curie und Ernest Rutherford über die Schaffung eines internationalen Radiumstandards, dies war notwendig geworden durch den vermehrten Einsatz des Radiums in der Medizin, welcher genaue und vergleichbare Messwerte erforderte. Die auf dem Kongress für Radiologie und Elektrizität in Brüssel tagende zehnköpfige Internationale Radium-Standard-Kommission legte fest, dass die Maßeinheit für die Aktivität „Curie“ genannt werden sollte. Diese Kommission beauftragte Marie mit der Herstellung einer 20 Milligramm schweren Radiumprobe aus kristallwasserfreiem Radiumchlorid, welche als Standard dienen sollte. Im August 1911 gelang Marie die Fertigstellung einer 22 Milligramm schweren Probe aus Radiumchlorid, welche bei einem Treffen der Radiumstandard-Kommission Ende März 1912 in Paris offiziell zum internationalen Standard erklärt wurde. Das Glasröhrchen mit dem Radium-Standard wurde am 21. Februar 1913 beim Bureau International des Poids et Mesures in Sèvres hinterlegt. Anfang 1911 unterlag Marie bei der Abstimmung über die Besetzung eines freien Platzes in der Académie des Sciences knapp dem Physiker Édouard Branly. Erst 51 Jahre später wählte die Académie des Sciences Marie Curie als erste Frau in ihre Reihen.

Zweiter Nobelpreis für Chemie 1911

1911 erhielt Marie den Nobelpreis für Chemie. Damit war sie der erste Mensch, der einen Nobelpreis zum zweiten Mal erhielt. 1913 untersuchte Curie gemeinsam mit Heike Kamerlingh Onnes die Eigenschaften der Radiumstrahlung bei tiefen Temperaturen. 1914 erfolgte die Ernennung Maries als Leiterin des Radium-Instituts. Als Radiologin widmete sich Marie während des Ersten Weltkrieges der Behandlung verwundeter Soldaten und entwickelte 1914 einen Röntgenwagen, welcher radiologische Untersuchungen in unmittelbarer Nähe der Front gestattete. Sie beteiligte sich an der Qualifizierung der notwendigen Techniker und Krankenschwestern. Ab Oktober 1916 gab Marie gemeinsam mit ihrer Tochter Irène sechswöchige Intensivkurse, bei denen Frauen zu Röntgentechnikern (manipulatrices) ausgebildet wurden.

Förderung von weiblichen und ausländischen Studierenden

Nach dem Kriegsende (1918) engagierte sich Marie in der Internationalen Kommission für Geistige Zusammenarbeit des Völkerbundes, um bessere Arbeitsbedingungen von Wissenschaftlern zu ermöglichen. Außerdem setzte sich Marie für die Förderung von weiblichen und ausländischen Studierenden am unter ihrer Leitung stehenden Pariser Radium-Institut ein. 1921 veröffentlichte Marie ihr Buch „La Radiologie et la Guerre“, in dem sie die im Krieg gemachten Erfahrungen des Einsatzes von radiologischen Methoden beschrieb. Im Mai 1921 besuchte Curie in Begleitung ihrer Töchter die USA. Höhepunkt dieses Besuchs waren eine von der American Association of University Women organisierte Veranstaltung, bei der Marie vor 3.500 Frauen sprach sowie die symbolische Übergabe des für sie gesammelten Gramm Radium durch Präsident Warren G. Harding im Blauen Zimmer des Weißen Hauses. Eine zweite Reise Maries in die USA folgte 1929.

Einzige Frau, der zwei Nobelpreise verliehen wurden

Von 1922 bis 1934 war sie Vizepräsidentin der internationalen Kommission für geistige Zusammenarbeit beim Völkerbund. 1932 erfolgte Maries Wahl zum Mitglied der Leopoldina. Marie Curie verstarb am 4. Juli 1934 in Sancellemoz. Ihre wissenschaftliche Arbeit wurde mit zahlreichen Wissenschaftspreisen und Medaillen gewürdigt, zu denen der Actonian Prize der Royal Institution of Great Britain (1907), der Ellen Richards Prize der American Association to Aid Scientific Research by Woman (1921), der Grand Prix du Marquis d‘Argenteuil der Société d’Encouragement pour l’Industrie Nationale (1923) und der Cameron Prize der Universität Edinburgh (1931) gehören. Marie ist die bislang einzige Frau, der zwei Nobelpreise verliehen wurden. Sie war Mitglied und Ehrenmitglied einer Vielzahl von wissenschaftlichen Gesellschaften und erhielt Ehrendoktorate von Universitäten auf der ganzen Welt.

Literatur:

1. Wikipedia
2. www.dhm.de/lemo/html/biografien/CurieMarie
3. www.wasistwas.de
4. http://www.nobelprize.org


Veröffentlicht in der MTA Dialog 09/2015

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