HIV-1 nutzt menschliche Proteine (Wirtsproteine) für seine eigene Vermehrung und verhindert, dass es durch das menschliche Immunsystem erfolgreich bekämpft werden kann. Dr. Renate König, Leiterin der Forschungsgruppe „Pathogen-Wirt-Interaktionen“ des Paul-Ehrlich-Instituts, und Kollegen befassen sich schon lange mit der Frage, warum das menschliche Immunsystem bei HIV-1 versagt. Dies aufzuklären, könnte dazu beitragen, sowohl neue immunmodulierende Arzneimittel gegen HIV-1 als auch Wirkverstärker für zukünftige Impfstoffen zu entwickeln.
NLRX1 agiert als Feinregulator
In einer internationalen Forschungskooperation mit Dr. Jenny Ting, University of North Carolina at Chapel Hill, NC, USA, und Dr. Sumit Chanda, Sanford-Burnham Prebys Medical Discovery Institute, San Diego, CA, sind die Forscher jetzt einen wichtigen Schritt vorangekommen. Sie haben NLRX1 (nucleotide-binding oligomerization domain, leucine rich repeat containing X1) als wichtigen Akteur identifiziert. Dieses Protein aus der NOD-like Rezeptorfamilie (NOD-like Rezeptoren, NLR) von Mustererkennungsrezeptoren agiert dabei als Feinregulator, der das Frühwarnsystem des Immunsystems abschalten kann. NLRX1 war bereits im Rahmen eines Hochdurchsatzverfahrens von König und Kollegen als eines von 295 potenziell für die HIV-1 Replikation bedeutsamen Proteinen identifiziert worden [1]. Dass es tatsächlich eine ganz zentrale Rolle spielt und auf welche Weise, war bisher unbekannt.
NLRX1 bindet an STING
König hat im internationalen Forschungsverbund nachgewiesen, dass NLRX1 die HIV-1-Infektion in Immunzellen wie Makrophagen und dendritischen Zellen (Zellen des menschlichen Immunsystems) ermöglicht. Sie konnten zeigen, dass NLRX1 das angeborene Immunsystem hemmt, indem es an STING (stimulator of interferon genes) bindet. STING, ein für die Virusbekämpfung wichtiger Akteur, übernimmt eine Vermittlerrolle: Nachdem die (Virus-)DNA im Zytoplasma der Zelle durch den Rezeptor cGAS erkannt worden ist, verbindet sich STING mit dem Faktor TBK1 (TANK-binding kinase 1) und aktiviert ihn. In der Folge werden Typ-I-Interferon und proinflammatorische (entzündungsfördernde) Zytokine gebildet. Zudem führt die Verbindung zwischen STING und TBK1 zu einer Aktivierung Interferon-stimulierender Gene (ISG), die das Einwandern der Virus-DNA in den Zellkern und damit seine Vermehrung verhindern.
Diese Abwehrmechanismen des Immunsystems werden gehemmt, wenn NLRX1 an STING bindet. Indem die Wissenschaftler NLRX1 ausschalteten, konnten sie zeigen, dass diesem Protein hier tatsächlich eine Schlüsselrolle zukommt, denn dadurch wurde die Zytokinantwort deutlich erhöht und das Einwandern der Virus-DNA in den Zellkern gehemmt.
Damit ist NLRX1 eine interessante Zielstruktur für die Entwicklung von Therapien gegen HIV-1. Neuartige Therapeutika, die NLRX1 blockieren, könnten auch genutzt werden, um als Adjuvanzien die Wirksamkeit in Impfstoffen zu erhöhen. „Wir glauben, dass unsere Forschungsergebnisse die Entwicklung solcher Wirkstoffe gegen HIV-1 beschleunigen kann, die dazu beitragen, die angeborene Immunantwort auf HIV-1 zu verstärken“, erläutert König die Bedeutung dieser Forschungsergebnisse. (idw, red)
Guo H, König R, Deng M et al. (2016): NLRX1 Sequesters STING to Negatively Regulate the Interferon Response, Thereby Facilitating the Replication of HIV-1 and DNA Viruses.
Cell Host Microbe. Volume 19, Issue 4, p515–528. DOI: 10.1016/j.chom.2016.03.001
[1] König R, Zhou Y, Elleder D et al. (2008): Global analysis of host-pathogen interactions that regulate early-stage HIV-1 replication. Cell 135: 49-60.
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