Führend, unter anderem auch wegen der vorhandenen Anzahl von Arbeitsplätzen und Stellenangeboten am Arbeitsmarkt, in Klinik, Forschung sowie der Weiterbildung, sind immer noch die Klinische Chemie und Hämatologie, gefolgt von Medizinischer Mikrobiologie und, als letztem Fach, der Histologie/Zytologie. Steigender Beliebtheit erfreuen sich hingegen fachgebietsübergreifende molekularbiologische Aufgabenbereiche.
Lange Zeit wurde Biomedizinischen Analytiker/-innen in der Histologie/Histopathologie, vor allem von Kreisen außerhalb Pathologischer, Mikroskopisch-Anatomischer oder Rechtsmedizinischer Institute, die wissenschaftliche Relevanz ihrer Arbeiten in Bezug auf therapierelevante Diagnostik abgesprochen. Hartnäckig hielt sich das Bild, das sich auf Einbetten, Akkordschneiden und Färben menschlicher Gewebe bezog.
Der Wandel, auch in den Instituten selbst, kam mit der wachsenden Bedeutsamkeit von Ergebnissen immunbiologischer und immunhistochemischer Methoden auf onkologische Therapieverfahren. Heute sind die meisten der häufig universitätsklinischen Institute einem Tumorboard angeschlossen und arbeiten in einem interdisziplinären Kontext, zusammen mit Mitarbeiter/-innen anderer klinischer Institute sowie onkologischer Spezialisten, an „personalisierten Onkotherapien“, die jeweils individuell den Patienten angepasst werden. Diese Veränderung hat Einfluss auch auf das Arbeiten der Biomedizinischen Analytiker/-innen in den Instituten genommen, die sich in veränderte fachliche Kontexte und Verantwortungsrahmen einfinden müssen. Ausbildungs- und Erfahrungswissen ist fortan durch beständige methodisch-fachliche Weiterbildung zu ergänzen. Bisherige morphologische Erkenntnisse müssen um stets aktualisierte immunologische und verfahrenstechnische erweitert werden. Immer häufiger gilt es auf die Frage, Immuntherapie oder Chemotherapie, eine Antwort zu finden. Anders als bei der Chemotherapie, bei der spezifische Zytostatika zur Tumorbekämpfung eingesetzt werden, handelt es sich bei der Immuntherapie um einen mehrstufigen Prozess, in dem die Krebszellen nach ihrem Erkennen, angegriffen und gezielt durch das körpereigene Immunsystem zerstört werden. Die entscheidende Rolle fällt dabei dem Wechselspiel co-stimulatorischer und co-inhibitorischer Moleküle zu, über die die Aktivität zytotoxischer T-Lymphozyten geregelt wird. Nachdem die T-Zellen stimuliert sind, verhindert eine inhibitorische Co-Stimulation am Immun-Checkpoint eine überschießende Immunantwort. Tumorzellen sind in der Lage, diesen Regelkreis zu umgehen und so ihrer Zerstörung durch das Immunsystem zu entgehen. Ansatzpunkt für die Immuntherapie ist deswegen eine gezielte Blockade der Immun-Checkpoints. Diese gelten als ideale Ansatzpunkte zielgerichteter Immuntherapien. Dabei blockieren monoklonale Antikörper als Checkpoint-Inhibitoren die Tumor- und/oder Immunzell-induzierte T-Zell-Inaktivierung, was zu starken und auch dauerhaften antitumoralen Immunantworten führen kann.
Ein vielversprechender neuer Ansatz in der Behandlung von Malignomen, auch solchen, die bisher nur wenig auf konventionelle Chemotherapien angesprochen haben. Dazu gehören Nierenzell-, Urothelkarzinome, wie auch zum Beispiel das maligne Melanom.1 Eine Reihe von Biomarkern ist bisher, mit steigender Rate, klinisch zugelassen. Deren histochemische Parameter gilt es zu kennen, einzuordnen und in Bezug auf einen möglichen Therapieerfolg zu bewerten, wie zum Beispiel das PD-L1. Ein glykolysiertes Transmembranprotein, das unter anderem in der Membran von Zellen in Herz, Plazenta, Lunge und Skelettmuskulatur gebildet wird. Dieses kommt vor allem in der unter Umständen lebensverlängernden Immuntherapie des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC), einem Tumor mit einer der höchsten Teilungsraten, zum Einsatz, zeigt jedoch auch vielversprechende Ansätze im Therapiebereich der Kopf-Hals-Tumoren.2 Eine Bindung von PD-1 (Programmed-Death-Rezeptor) an seinen Liganden PD-L1 unterdrückt den zytotoxischen Effekt der T-Zellen. Hier setzen PD-1-Inhibitor und PD-L1-Inhibitor an und stellen mithilfe spezieller Antikörper durch Aktivierung des patienteneigenen Immunsystems die Antitumorwirkung der T-Zellen wieder her (Immuncheckpointmodulation).3 Die immunhistochemische PD-L1-Bestimmung ermöglicht die Auswahl von Patienten mit unterschiedlichen Tumoridentitäten, die eine erhöhte Response-Wahrscheinlichkeit für eine Immun-Check-Inhibition gegen PD-1 beziehungsweise PD-L1 aufweisen.4
Im Vordergrund einer individualisierten Behandlung als vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Verfahren steht jedoch die Entwicklung von Modellen, die dazu geeignet sind, komplexe multizelluläre Strukturen von Tumoren abzubilden. Das erfordert das Verstehen der inhaltlichen Komplexität und ein Miteinander der am Entwicklungs- und Arbeitsprozess beteiligten Professionen auf fachlich hohem Niveau. Das DIW-MTA bietet in seinem aktuellen Jahresprogramm wieder Fachqualifikationen im Fach Histologie an, die auch als Einzelseminare belegt werden können. Nach erfolgreichem Abschluss verfügen die Teilnehmer/-innen, angeleitet durch hochkompetente Fachpraktikerinnen, über ein umfangreiches Wissen zu den verschiedenen Gewebearten des menschlichen Körpers, deren wichtigsten pathologischen Veränderungen sowie vertiefter Kenntnisse der Gewebeverarbeitung. Histochemische, immun- und enzymhistochemische Analysemethoden und Applikationen können anschließend im Arbeitsalltag eigenverantwortlich geplant, durchgeführt, beurteilt sowie validiert und evaluiert werden. Eine Erweiterung fachlicher Kompetenzen, deren Verstehen vielleicht sogar einer Hinwendung zu neuen Arbeitsfeldern zuträglich sein könnte, um den vormalig als „Orchideenfach“ geltenden Arbeitsbereich „Histologie/Histopathologie“ mit neuem, spannenden Leben zu füllen. Weitere Informationen unter www.diw-mta.de.
1 Vgl. Baretton G: PD-L1 als neuer Biomarker. Diagnostik im Dialog, Ausgabe 51, 12/2016, S. 8.
2 Vgl. Zander T: Symposium „Nutzen der individualisierten Diagnostik in der Immunonkologie“. Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, Berlin. Veranstalter: MSD.
3 Vgl. Zaoui K und Hess J: HNO (2016) 64: 448, Springer-Verlag: Berlin, Heidelberg.
4 Vgl. Baretton G: PD-L1 als neuer Biomarker. Diagnostik im Dialog, Ausgabe 51, 12/2016, S. 10.
Entnommen aus MTA Dialog 8/2018
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