„Wir freuen uns, dass so viele Ärzte, Wissenschaftler, Therapeuten, Pflegekräfte und weitere Interessierte zu uns gefunden haben, um sich über Mukoviszidose auszutauschen und zu erfahren, was es in der Forschung rund um das Thema Neues gibt“, sagte Stephan Kruip, Vorstandsvorsitzender des Mukoviszidose e. V. Der gemeinnützige Verein hatte die Tagung bereits zum 19. Mal organisiert.
Forschung zu CFTR-Modulatoren
Wichtiges Thema der Tagung war die Forschung zu den so genannten CFTR-Modulatoren. Diese Wirkstoffe sollen die Funktion des bei Mukoviszidose defekten CFTR-Kanals zumindest teilweise wiederherstellen. Denn der fehlerhafte Kanal ist der Grund dafür, warum sich bei Mukoviszidose-Betroffenen zähflüssige Sekrete bilden, welche Organe wie die Lunge oder Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigen können. Professor Dr. Dr. Burkhard Tümmler von der Medizinischen Hochschule Hannover, einer der Tagungsleiter, gab in seinem Vortrag einen Überblick über die sich in der Entwicklung befindlichen CFTR-Modulatoren. Tümmler führte aus, dass für die meisten Patienten voraussichtlich eine Kombination aus mindestens drei verschiedenen CFTR-Modulatoren nötig sei, um eine ausreichende Kanal-Aktivität und damit einen spürbaren Effekt zu erreichen. Inzwischen seien neben den schon länger untersuchten Potenziatoren und Faltungskorrektoren nun auch so genannte Stabilisatoren und Verstärker im Gespräch. Diese könnten durch die unterschiedlichen Angriffspunkte in der Zelle in einem therapeutischen Ansatz synergistisch wirken.
Alternativen zu CFTR-Modulatoren
Professor Dr. Marcus Mall vom Universitätsklinikum Heidelberg und ebenfalls Tagungsleiter, zeigte in seinem Vortrag Alternativen zur CFTR-Modulation auf. Mall erklärte, dass die CFTR-Modulatoren stets mutationsspezifisch seien und deshalb immer nur einem Teil der Patienten nutzen. Knapp 40 % der Patienten würden mit den aktuellen Ansätzen noch nicht erreicht. Daher seien mutationsunabhängige Alternativen immer noch wichtig. Die Aktivierung von alternativen Chloridkanälen oder die Hemmung des Natriumkanals ENaC könnten solche Alternativen sein. Beide Ansätze führen zu einer Wiederherstellung des Salz-Wassertransports in den Atemwegen und damit zu einer Rückbefeuchtung des Schleims. Erste Substanzen zur Hemmung der Natriumkanäle werden bereits in frühen klinischen Studien untersucht. Die Identifizierung von weiteren Substanzen zur Aktivierung alternativer Chloridkanäle sollte durch systematische Substanz-Screenings vorangebracht werden.
Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung
Ein Schwerpunkt-Thema der Tagung war auch die Forschung zu Mukoviszidose am Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL), einem Zusammenschluss führender universitärer und außeruniversitärer Einrichtungen, die sich der Erforschung von Lungenerkrankungen widmen. Einer der DZL-Forschungsschwerpunkte ist – trotz ihrer Seltenheit – auch die Mukoviszidose. Professor Mall führte aus, dass der Direktor der amerikanischen Gesundheitsbehörde NIH (National Institutes of Health) Dr. Dr. Francis Collins bereits vor vielen Jahren erklärt habe, dass Mukoviszidose eine Modellerkrankung für viele häufige Lungenerkrankungen sei, z. B. auch für die COPD („Raucherlunge“). Dieser Argumentation sei auch Annette Schavan gefolgt, als sie als Bundesministerin für Bildung und Forschung für die Förderung des DZL eintrat.
„Professor Mall und ich hatten uns zur Aufgabe gesetzt, die aktuellen Themen, die im Deutschen Zentrum zur Lungenforschung zur Mukoviszidose bearbeitet werden, der CF-Öffentlichkeit in Deutschland vorzustellen“, sagte Professor Tümmler über den Schwerpunkt der Tagung. „Deswegen haben wir viele Sprecher für die Tagung ausgewählt, die an unseren beiden DZL-Standorten in Heidelberg und Hannover tätig sind“, so Tümmler weiter. Professor Mall fügte hinzu: „Hierbei haben wir uns bei der Auswahl der vorgestellten Projekte auf die Themen konzentriert, die in der Mukoviszidose-Forschung und -Behandlung im Moment ganz aktuell sind. Das sind die klinischen Studien zu CFTR-Modulatoren, Fortschritte in der Diagnostik mit Hilfe nicht-invasiver Verfahren und Fortschritte in der Grundlagenforschung“.
Auf der DMT hatten die rund 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer darüber hinaus die Gelegenheit, an Workshops der Arbeitskreise des Mukoviszidose e. V. teilzunehmen, die große Industrieausstellung zu besuchen und sich bei Round-Table-Discussions und Seminaren über verschiedene Aspekte der Mukoviszidose-Behandlung zu informieren.
„Ich fand es toll zu sehen, wie gut besucht sowohl die Hauptvorträge als auch die Workshops und Arbeitskreistreffen waren. Das zeigt, dass wir in Deutschland eine ganz aktive Gemeinschaft haben, die an Mukoviszidose arbeitet und hoffentlich von dieser Tagung wieder stimuliert in die Ambulanzen zurückgeht, um die Behandlung der Betroffenen stetig weiter zu verbessern“, resümierte Professor Mall nach dem Ende der Tagung. Die nächste Deutsche Mukoviszidose Tagung findet vom 16. bis 18. November 2017 in Würzburg statt. (Mukoviszidose e.V., red)
Über Mukoviszidose
In Deutschland sind rund 8.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene von der unheilbaren Erbkrankheit Mukoviszidose betroffen. Durch eine Störung des Salz- und Wasserhaushalts im Körper bildet sich bei Mukoviszidose-Betroffenen ein zähflüssiges Sekret, das Organe wie die Lunge und die Bauchspeicheldrüse irreparabel schädigt. Jedes Jahr werden etwa 200 Kinder mit der seltenen Krankheit geboren.
Über den Mukoviszidose e. V.
Der Mukoviszidose e. V. vernetzt die Patienten, ihre Angehörigen, Ärzte, Therapeuten und Forscher. Er bündelt unterschiedliche Erfahrungen, Kompetenzen sowie Perspektiven mit dem Ziel, jedem Betroffenen ein möglichst selbstbestimmtes Leben mit Mukoviszidose ermöglichen zu können. Damit die gemeinsamen Aufgaben und Ziele erreicht werden, ist der gemeinnützige Verein auf die Unterstützung engagierter Spender und Förderer angewiesen.
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