Etablierung einer Pyrosequenzierungs-basierten Nachweismethode für onkogene Mutationen des PI3KCA-Gens (Teil 2)
Zusammenfassung
Durch den PI3K/AKT/mTOR-Signaltransduktionsweg (Phosphoinositol-3-Kinase/Proteinkinase B/mechanistic [früher mammalian] Target of Rapamycin) werden grundlegende Zellfunktionen, wie u.a. Zellwachstum (Proliferation) und Zellüberleben (Apoptose) reguliert. Mutationsbedingte Veränderungen des PI3KCA-Gens spielen eine zentrale Rolle bei der Tumorprogression und Entwicklung von Resistenzen, z.B. gegen endokrine und gegen HER2 (human epidermal growth factor receptor 2) gerichtete Therapien beim Mammakarzinom. Dabei scheinen PI3KCA-mutierte Tumore sensitiver auf Inhibitoren des PI3K-Signalwegs anzusprechen. Für optimale, individualisierte Therapiestrategien ist daher die Identifi kation molekularer Subtypen von großer Bedeutung.
Als Alternative zu einer Allel-spezifischen Real-Time-PCR zum Nachweis onkogener Mutationen des PI3KCA-Gens wurde am Institut für Pathologie des LKH Feldkirch (Österreich) eine pyrosequenzierungsbasierte Methode etabliert.
Schlüsselwörter: Pyrosequenzierung, PI3K/AKT/mTOR-Signalweg, PI3KCA, Mutationsanalyse
Abstract
The PI3K/AKT/mTOR signaling pathway (phosphatidylinositol-3-kinase/protein kinase B/mechanistic [mammalian] target of rapamycin) regulates basic cellular processes including cell growth (proliferation) and cell survival (apoptosis). Mutational changes in the PI3KCA gene play a central role in tumor progression and resistance to therapy, e.g. endocrine or HER2 (human epidermal growth factor receptor 2) targeted therapies in breast cancer. PI3KCA-mutated tumors seem to be more sensitive to PI3K signaling pathway inhibitors. Therefore the identification of molecular subtypes for optimal, individualized treatment strategies is of great importance.
Alternative to an allele-specific real-time PCR for detecting oncogenic mutations in the PI3KCA gene a pyrosequencing-based method was established at the Institute of Pathology, LKH Feldkirch (Austria).
Keywords: Pyrosequencing, PI3K/AKT/mTOR-pathway, PI3KCA, Mutation analysis
Bestimmung der Spezifität und Sensitivität
Die damit festgelegten Reaktionsbedingungen waren Grundlage für die danach durchgeführte Analyse des Kollektivs zur Bestimmung der Spezifität des Untersuchungsverfahrens. Dafür wurden insgesamt 42 genomische DNA-Proben mittels Pyrosequenzierung auf ihren PI3KCA-Mutationsstatus untersucht und mit den bereits vorliegenden Ergebnissen des PI3K Mutation Test Kit (Qiagen) korreliert. Anschließend erfolgte die Bestimmung der Sensitivität der Pyrosequenzierung in Bezug auf die Detektion mutierter DNA vor einem Wildtyp-Hintergrund. Hierfür wurden DNA-Proben mit Mutationen in Codon 542 (p.E542K), Codon 545 (p.E545K) bzw. Codon 1047 (p.H1047R) herangezogen, die zuvor in Mehrfachbestimmung mit durchschnittlich 30% mutierter DNA von der PyroMark Software quantifiziert worden waren. Diese Proben wurden auf 20%, 10%, 5%, 2% und 1% mutierte DNA mit Wildtyp-DNA titriert, um ein Verhältnis wie z.B. bei heterogenen Tumoren oder in der Probe enthaltenem tumorfreien Gewebe zu simulieren. Weiterhin erfolgte die Bestimmung der Sensitivität in Bezug auf die minimal einzusetzende DNA-Menge. Hierfür wurden die oben beschriebenen DNA-Proben zunächst auf einen Anteil von 10% mutierte DNA mit Wildtyp-DNA verdünnt und anschließend 100 ng, 10 ng, 1 ng, 0,1 ng, und 0,01 ng DNA in der PCR eingesetzt.
Ergebnisse
Spezifität
Im Bereich der mit dem PI3K Mutation Test Kit (Qiagen) nachweisbaren Mutationen zeigte sich eine 100%ige Konkordanz (15/15) von Pyrosequenzierung und RT-PCR. Zusätzlich wurden mittels Pyrosequenzierung weitere Mutationen detektiert (5/42), die durch den PI3K Mutation Test Kit (Qiagen) aufgrund des Testdesigns nicht erfasst werden (vgl. Tabelle 4). Abbildung 4 zeigt exemplarische Pyrogramme der Sequenzierung von Exon 9 Codon 545.
Tabelle 4: Anzahl der nachgewiesenen Mutationen. Vergleich der Pyrosequenzierung mit dem Real-Time PI3K Mutation Test Kit (Qiagen)
Abb. 4: Exemplarische Darstellung von Pyrogrammen Exon 9 Codon 545. Oben: Exon 9 Codon 545 Wildtyp (GAG), Mitte: Exon 9 p.E545K (c.1633G>A). Unten: Exon 9 p.E545A (c.1634A>C)
Sensitivität
Es konnte festgestellt werden, dass die drei untersuchten Mutationen p.E542K, p.E545K und p.H1047R bis zu einem Mischungsverhältnis von 5% mutierter zu 95% Wildtyp-DNA eindeutig detektierbar waren. Die minimal einzusetzende DNA-Menge lag bei 0,1 ng (p.E542K und p.E545K) bzw. 1ng (p.H1047R). In Abbildung 5 ist die Titration von mutierter DNA mit Wildtyp-DNA grafisch dargestellt. Die X-Achse zeigt den absteigenden prozentualen Anteil mutierter DNA in der hergestellten Verdünnung. Auf der Y-Achse ist die softwarebasierte Auswertung der Signalstärken dargestellt, mit der die Mutation detektiert wurde.
Abb. 5: Titration mutierter DNA mit Wildtyp-DNA. X-Achse: prozentualer Anteil an mutierter DNA in der Titration mit Wildtyp-DNA. Y-Achse: Software-basierte Auswertung der relativen Lichteinheiten (RLU) für das substituierte Nukleotid.
Diskussion
Untersuchungsmaterial FFPE
Für die Etablierung der PI3KCA-Pyrosequenzierung standen überwiegend aus FFPE-Gewebe extrahierte genomische DNA-Proben zur Verfügung. Die Formalinfixierung mit nachfolgender Einbettung in Paraffin ist eine der häufigsten Methoden zur Konservierung und Stabilisierung von Geweben. Neben histologischen und immunhistochemischen Analysen ist auch die Extraktion von Nukleinsäuren aus diesem Material nach der Entfernung des Einbettungsmediums möglich. Durch starke Vernetzung der Nukleinsäuren durch die Fixierung können Ausbeute und Qualität der Nukleinsäuren jedoch beeinträchtigt sein. Die für die PI3KCA-Pyrosequenzierung gewählten relativ kurzen PCR-Produkte von 80 bp bzw. 100 bp erlauben auch bei formalinfixierungsbedingter Fragmentierung der DNA eine effiziente PCR.
Spezifität und Sensitivität der Pyrosequenzierung
Im Bereich der Molekularen Pathologie können Mutationsanalysen mit verschiedenen Techniken durchgeführt werden, die entweder die gezielte Detektion definierter klinisch relevanter Mutationen ermöglichen, oder das Potenzial bieten, alle Mutationen im analysierten Bereich abzudecken. Methodenbedingt sind die Grenzen und die Leistungsfähigkeit der Untersuchungsverfahren in Spezifität und Sensitivität unterschiedlich (vgl. Khoo et al. 2015). Für die Validierung somatischer Mutationen bei Krebserkrankungen ist die Sanger-Sequenzierung allgemein als Goldstandard anerkannt (http://cancer.sanger.ac. uk/cosmic). In dem untersuchten Kollektiv standen nur für einen Teil der Proben (9/42) mittels Sanger-Sequenzierung ermittelte Ergebnisse zur Verfügung. Um die Vergleichbarkeit der PI3KCA-Pyrosequenzierung in Spezifität und Sensitivität mit dem in der Routine verwendeten PI3K Mutation Test (Qiagen) zu überprüfen, wurde dieser Test als Referenzmethode festgelegt. Dabei zeigte die PI3KCA-Pyrosequenzierung im Bereich der mit dem PI3K Mutation Test Kit (Qiagen) nachweisbaren Mutationen p.E542K (c.1624G>A), p.E545K/D (c.1633G>A bzw. c.1635G>T)) und p.H1047R (c.3140A>G) eine 100%ige Konkordanz (15/15). In 11,9% (5/42) der Proben konnten mittels Pyrosequenzierung weitere Mutationen detektiert werden. Die zusätzlich mittels Pyrosequenzierung detektierten Mutationen p.H1047L (c.3140A>T) und p.E545A (c.1634A>C) sind mit Frequenzen von 5% bzw. 1,5% (vgl. Balko et al. 2015) weniger häufig, führen aber ebenso zu einer Aminosäure-Substitution mit der Folge einer konstitutiven Aktivierung des PI3K-Signalweges und sind somit therapeutisch relevant (vgl. Baselga 2011).
Der Vorteil der Pyrosequenzierung ist die Flexibilität des Mutationsnachweises im Bereich der untersuchten Zielsequenz und damit die Möglichkeit, auch seltene oder neu auftretende Mutationen zu detektieren. Komplexe Mutationen können jedoch schwerer zu interpretieren sein. Für die Interpretation der Ergebnisse und eine objektive Einordnung als Mutation oder Wildtyp spielen außerdem die Nachweisgrenze des Analyseverfahrens und die Festlegung der Cutoff-Werte eine große Rolle. Dabei können verschiedene Faktoren den Nachweis von Mutationen erschweren, wie zum Beispiel ein hoher Anteil an genetisch unveränderten Stromazellen oder inflammatorischen Zellen im Probenmaterial (vgl. Sundström et al. 2010). Dies kann bei einer sehr geringen geschätzten Tumorzellzahl der Fall sein oder bei unzureichender Tumorzellanreicherung. Weitere limitierende Faktoren können u.a. eine unzureichende DNA-Qualität aufgrund von Nukleinsäure-Degradierung durch Nekrose oder zu langer oder ineffizienter Formalin-Fixierung sein. Während festgelegte Cutoff-Grenzen bei der RT-PCR keinen Interpretationsspielraum zulassen, ist bei der Pyrosequenzierung vor allem im Bereich der sogenannten low level Mutationen die Expertise der Anwender erforderlich, um mögliche Artefakte von realen Mutationen zu unterscheiden.
Die Bestimmung der Nachweisgrenze bei der PI3KCA-Pyrosequenzierung erfolgte in Anlehnung an Sundström et al. (vgl. Sundström et al. 2010) unter Verwendung von humaner DNA aus FFPE-Proben. Dies reflektiert aufgrund gleicher Matrixverhältnisse die wahre diagnostische Situation vermutlich besser als rekombinante DNA (Plasmid-DNA) oder Mischungen von kultivierten Zelllinien. Dagegen gewährleisten geeignete homo- oder heterozygot mutierte Zelllinien wie z.B. die humane Zelllinie HGC-27 einen definierten Anteil mutierter DNA und damit eine standardisierte Vorgehensweise. Mit der im Rahmen dieser Arbeit gewählten Methode konnten vergleichbare Ergebnisse erzielt werden und mit der ermittelten Nachweisgrenze von 5% mutierter DNA bei einer minimal einzusetzenden DNA-Menge von 1 ng fügt sich die PI3KCA-Pyrosequenzierung gut in die bereits publizierten Daten ein.
Bei der Pyrosequenzierung wird weniger genomische DNA benötigt als bei der RT-PCR. Dies ist von Vorteil, wenn wenig Untersuchungsmaterial zur Verfügung steht und weitere Parameter untersucht werden sollen. Tumore werden durch neuere, sensitivere Untersuchungsverfahren immer früher erkannt. Zusätzlich wird das Probenvolumen durch weniger invasive Methoden, wie z.B. Feinnadelpunktionen, immer geringer. Bei einem entsprechenden Tumorzellgehalt kann durch die Pyrosequenzierung der limitierende Faktor der DNA-Ausbeute deutlich reduziert werden.
Einsatzbewertung beider Methoden in der Routine
Die PI3KCA-Pyrosequenzierung folgt in Bezug auf die technische Durchführung und Interpretation der Ergebnisse den Empfehlungen des Herstellers und entspricht der bereits am Institut für Pathologie des LKH Feldkirch (IPF) etablierten Technik. Daher ist die Methode problemlos in die Routine einzubinden und ermöglicht die Kombination mit anderen molekularpathologischen Parametern im Bereich der Onkologie und damit die effiziente Nutzung des PyroMark Q24. Bei vorhandener Geräteausstattung kann die Pyrosequenzierung sehr kosteneffektiv durchgeführt werden, während bei der vergleichsweise teuren RT-PCR durch die Verteilung der Reagenzienkosten für die mitgeführten Kontrollen mit deutlich höheren Kosten pro Analyse zu rechnen ist. Ökonomische Aspekte sind gerade für kleinere Laboratorien neben Kriterien wie vorhandener Geräteausstattung, erfahrenem Personal und räumlicher Limitierung bei der Auswahl eines geeigneten Analysesystems ausschlaggebend.
Mit Amplifikation und Sequenzierung implementiert die Pyrosequenzierung zwei Arbeitsschritte bei einer Hands on Time von etwa 1 Stunde. Die RT-PCR ist mit nur einem Arbeitsschritt und einer Hands on Time von ca. 20 Minuten weniger komplex und schneller. Mit beiden Methoden können die Ergebnisse jedoch zeitgerecht in der am IPF angestrebten Bearbeitungszeit von 5 Arbeitstagen erzielt werden. In Tabelle 5 sind die Leistungsmerkmale der beiden Untersuchungsverfahren für die PI3KCA-Mutationsanalyse zusammengefasst.
Tabelle 5: Leistungsbewertung der Analysesysteme. Zusammenfassung der Leistungsmerkmale der PI3KCA-Pyrosequenzierung und der Allel-spezifischen RT-PCR. Kalkulation für die Kosten pro Analyse mit freundlicher Genehmigung A. Bösl, IPF.
Fazit und Ausblick
Die Pyrosequenzierung hat sich als robuste und spezifische Methode zur Analyse der klinisch relevanten Mutationen des PI3KCA-Gens erwiesen. Vorteile der Pyrosequenzierung sind der geringere Bedarf an genomischer DNA und die geringeren Kosten pro Analyse. Mit der Pyrosequenzierung werden auch Mutationen erfasst, die mit der RT-PCR aufgrund des Testdesigns nicht detektiert werden. Bei sehr geringen Tumorzellzahlen kann aufgrund der höheren Sensitivität auf die RT-PCR zurückgegriffen werden. Beide Methoden sind jedoch wesentlich sensitiver als die Sanger-Sequenzierung, die im Bereich der Validierung somatischen Mutationen bei Krebserkrankungen allgemein als Goldstandard anerkannt ist. Um der Forderung nach immer mehr Informationen aus immer weniger Untersuchungsmaterial nachzukommen, werden in Zukunft die klassischen Untersuchungsmethoden von sensitiveren Hochdurchsatz-Techniken wie der „Massiven parallelen Sequenzierung“ bzw. dem Next Generation Sequencing (NGS) abgelöst. Eine vielversprechende, nichtinvasive Methode zum Therapiemonitoring und zur Überwachung der Tumorprogression ist z.B. die Analyse von zirkulierenden Tumorzellen (circulating tumor cells, CTCs) und zellfreier zirkulierende Tumor-DNA (cellfree circulating tumor DNA, ctDNA) in Plasma oder Serum. Im Bereich der prädiktiven und prognostischen Molekularpathologie muss die klinische Relevanz dieser Analysen in weiteren umfangreichen Studien validiert werden.
Literatur
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2. Balko, J.M., Mayer, I., Levy, M., Arteaga, C., 2015. PIK3CA Mutations in Breast Cancer. My Cancer genome [http://mycancergenome.org]. Letzte Änderung: 26.02.2015, Abruf: 16.05.2015
3. Baselga, J., 2011. Targeting the phosphoinositide-3 (PI3) kinase pathway in breast cancer. The oncologist, 16 Suppl 1, pp. 12–19
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5. Khoo, C. et al., 2015. Molecular methods for somatic mutation testing in lung adenocarcinoma: EGFR and beyond. Translational lung cancer research, 4(2), pp. 126–141
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8. Ronaghi, M., 2001. Pyrosequencing sheds light on DNA sequencing. Genome research, 11(1), pp. 3–11
9. Sundström, M. et al., 2010. KRAS analysis in colorectal carcinoma: analytical aspects of Pyrosequencing and allele-specific PCR in clinical practice. BMC cancer, 10, p. 660
Die Autorin:
Karin Baruschke, BSc
Institut für Pathologie, Abteilung Molekulare Diagnostik
Akademisches Lehrkrankenhaus Feldkirch
Carinagasse 47, A-6800 Feldkirch, Österreich
karin.baruschke@lkhf.at
Entnommen aus MTA Dialog 4/2016
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