Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert ein Lübecker Verbundprojekt zur dreidimensionalen, hochauflösenden Echtzeit-Mikroskopie bei neurochirurgischen Operationen. Ziel ist es, Tumoren des Zentralen Nervensystems künftig radikaler entfernen und gesundes Hirngewebe zugleich wirksamer schonen zu können. Frühe Rezidive sollen damit verhindert werden und den Patientinnen und Patienten eine höhere Lebensqualität erhalten bleiben.
Förderung in Höhe von 2,291 Millionen Euro
Beteiligt sind die Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, das Institut für Biomedizinische Optik der Universität zu Lübeck und das Medizinische Laserzentrum Lübeck. Die Förderung durch die Bundesregierung im Aktionsfeld Gesundheitswirtschaft des Rahmenprogramms Gesundheitsforschung Deutschland beträgt 2,291 Millionen Euro von Oktober 2017 bis September 2020. Verbundleiter ist Dr. med. Matteo Mario Bonsanto, Klinik für Neurochirurgie.
In Deutschland werden jährlich etwa 43.000 onkologische Neuerkrankungen im zentralen Nervensystem (ZNS) diagnostiziert. Häufig ist eine mikrochirurgische Tumorresektion am ZNS indiziert. Je radikaler der Neurochirurg den Tumor reseziert, desto seltener treten in der Folge lokale Tumorrezidive auf. Problematisch dabei: die oft mangelhafte Erkennbarkeit von Tumor, Gefäßverläufen und Tumorgrenzen in Abgrenzung zum gesunden Gehirngewebe. Zur Tumor- und Tumorgrenzdarstellung werden üblicherweise OP-Mikroskop und fluoreszierende Farbstoffe die sich im Tumor anreichern und ihn unter dem Operationsmikroskop mit speziellen Filtern sichtbar machen und die Neuronavigation genutzt. Als weitere Hilfsmittel zur Tumordarstellung werden, sofern vorhanden der intraoperative Ultraschall und die intraoperative Kernspintomographie genutzt.
Vergleich der Verfahren
Im Lübecker Projekt geht es darum, das gängige Verfahren der intraoperativen Fluoreszenz mit zwei neuen unterschiedlichen intraoperativen Bildgebungsverfahren zu vergleichen, und zwar mit der bereits in der Neurochirurgie „als Prototyp“ vorhandenen optischen Kohärenztomographie (OCT) (spectral domain OCT bei 800 Nanometer Wellenlänge) bei der dem Operateur ein Tiefenquerschnitt dargestellt wird, sowie mit einer innovativen Hochfrequenz-OCT (MHz-swept source OCT bei 1300 Nanometer Wellenlänge), entwickelt vom Prof. Robert Huber, Leiter des Teilprojekts des Instituts für Biomedizinische Optik.
Validierung mit dem Goldstandard Histologie
Die extrem schnelle Hochfrequenz-OCT der dritten Generation hat den Vorteil, dass der gesamte Resektionsraum in 3-D in Echtzeit dargestellt werden kann. Durch die höhere Wellenlänge hat man zudem eine deutlich niedrigere Gewebestreuung, wodurch eine höhere Gewebeeindringtiefe erreicht wird. Darüber hinaus soll die optische Darstellung von Blutgefäßen (Angiographie) realisiert werden. Im klinischen Umfeld werden beide Methoden bezüglich ihrer Sensitivität und Spezifität zur Tumorerkennung gegen die Fluoreszenz evaluiert und in puncto Tumorzelldetektion mit dem Goldstandard, der Histologie, validiert.
Ziel ist die radikalere Resektion
Diese Aufgabe wird, zusammen mit der Klinik für Neurochirurgie, von Dr. Ralf Brinkmann und seinem Team am Medizinischen Laserzentrum Lübeck verfolgt, das auch für die Adaptation des neuen OCT-Systems an das Operationsmikroskop verantwortlich ist. Darüber hinaus wird im Verbund auch erarbeitet werden, wie 3-D-Volumendaten dem Operateur optimal in Echtzeit visualisiert werden können, um die aktuellen Tumorgrenzen, dem jeweiligen Operationsschritt kontinuierlich anzupassen.
Das Projektziel: ZNS-Tumoren mithilfe dieser neuen Technologie künftig radikaler zu resezieren und dabei gleichzeitig gesundes Hirngewebe zu schonen. Die Vorteile: Verhinderung von frühen Tumorrezidiven und die Verbesserung von Lebensqualität für die Patienten. Diese besteht in einer verringerten Anzahl von Rezidivoperationen, die zu weniger Krankenhausaufenthalten führt; die Vermeidung von neurologischen Defiziten macht für die Patienten die Rückkehr zum Arbeitsplatz oder in das soziale Umfeld früher möglich.
Quelle: idw/ Universität zu Lübeck
Artikel teilen