Um die Mitarbeiter binden zu können, brauchen Firmen entsprechendes Know-how und professionelle Unterstützung. Unternehmen brauchen auch valide wissenschaftliche Informationen. Die zentrale Frage, ob es psychische Belastungen gibt, die nachweislich das Risiko erhöhen, zu erkranken, untersuchte ein Forschungsprojekt der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga).
Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes, zu den vorliegenden Ergebnissen: "Betriebskrankenkassen und Unternehmen profitieren von dieser wissenschaftlichen Arbeit. Dank Prof. Renate Rau und ihrem Team liegen nun evidenzbasierte Nachweise vor, die bei der Konzipierung künftiger Projekte zum betrieblichen Gesundheitsmanagement mit Blick auf die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer eine wichtige Rolle spielen werden - und teilweise heute schon spielen."
Durch umfangreiche Studienauswertungen und die systematische Zusammenfassung von Metaanalysen gelang es dem Forscherteam um Prof. Renate Rau, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, elf Arbeitsbedingungen zu identifizieren, die mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden sind. Prof. Rau: "Unser Ziel war, diejenigen Krankheiten genauer anzusehen, die in Folge bestimmter physiologischer Veränderungen unter Stress entstehen. Wir schauten uns aber ebenso die verschiedensten Merkmale, die eigentlich gute Arbeit ausmachen, an. Die Frage war: Können diese Merkmale bei schlechter Ausgestaltung am Arbeitsplatz zu einer Erkrankung führen?"
Die Untersuchung zeigt, dass es gesicherte Erkenntnisse zu elf psychischen Arbeitsbelastungen gibt, die potentiell die Gesundheit gefährden. "Die von uns aufgeführten Belastungen können jedoch bei guter Gestaltung Effizienz bzw. Produktivität, Motivation und Kompetenzen der Mitarbeiter erhöhen. Bei schlechter Gestaltung dagegen können sie gesundheitsgefährdend wirken. Dabei müssen Mitarbeiter noch nicht einmal krank werden, um weniger effizient zu arbeiten. Es reicht, dass durch schlecht gestaltete Arbeitsbelastungen die Leistungsvoraussetzungen der Mitarbeiter beeinträchtigt werden", führt Prof. Rau weiter aus.
Als gesundheitsgefährdende Bedingungen wurden identifiziert:
- hohe Arbeitsintensität;
- geringer Handlungsspielraum;
- geringe soziale Unterstützung;
- hoher job strain (die Kombination von geringem Handlungsspielraum und hoher Arbeitsintensität);
- iso-strain (die Kombination von geringem Handlungsspielraum und hoher Arbeitsintensität bei zugleich geringer sozialer Unterstützung);
- effort-reward-imbalance (Ungleichgewicht zwischen erlebter beruflich geforderter Leistung und dafür erhaltener Belohnung/Wertschätzung);
- Überstunden;
- Schichtarbeit (gesundheitsgefährdend sind vor allem Abend- und Nachtschichten);
- Rollenstress;
- aggressives Verhalten am Arbeitsplatz;
- Arbeitsplatzunsicherheit.
"In der Vergangenheit achtete z. B. der Arbeitsschutz, aber auch Maßnahmen Betrieblicher Gesundheitsförderung vor allem auf eine gesunde Physis der Mitarbeiter. Dies erforderte seitens der Unternehmen meist erst einmal Investitionen. Stichwortartig seien hier rückengerechte Arbeitsplätze oder Immissionsschutz genannt. Bei psychischen Belastungen ist die Gestaltung der Bedingungen hin zu guter Arbeit kaum ein Kostenfaktor, sondern erfordert 'nur' ein Umdenken. Allerdings gewinnen Unternehmen, die sich hier engagieren, da Arbeit effizienter wird und die Mitarbeiter oft selbst lernen, motivierter zu arbeiten und so ihre Gesundheit zu erhalten", resümiert Knieps. (ots, BKK, red)
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